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Schulden und Insolvenz Hilfe Forum

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Autor Thema: Wann muß GmbH Insolvenz anmelden ?  (Gelesen 13574 mal)

ichbinneuimforum

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Wann muß GmbH Insolvenz anmelden ?
« am: 31. Juli 2011, 13:15:33 »

Guten Tag zusammen,
ein Kunde von mir, der mir mal sehr krumm gekommen ist,
ist Gesellschafter und Gesch. Führer einer handels GmbH.
Ich hab mich über die GmbH mal im Bundesanzeiger schlau gemacht.

Folgende Daten.
Gezeichnetes Kapital = 25000,00 Euro
Innerhalb von 5 Jahren, in denen er nur verluste gemacht hat, sieht es heute wie folgt aus.
nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag    222.724,37 Euro
Kassenbestand 94,30 Euro
Verbindlichleiten  über 230.000,00 Euro

Meinem Wissen nach, hätte er bereits bei einem Eigenkapital von unter 12.500,00 Euro  Insolvenz anmelden müssen.
Was sagt Ihr dazu, das ist doch extreme Insolvenzverschleppung und sicherlich auch ein strafbares Delikt.

Was sagt Ihr dazu, wie kann man solch ein Handeln unterbinden ?
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makro

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Re: Wann muß GmbH Insolvenz anmelden ?
« Antwort #1 am: 31. Juli 2011, 15:25:11 »

http://www.wirtschaftslexikon24.net/d/nicht-durch-eigenkapital-gedeckter-fehlbetrag/nicht-durch-eigenkapital-gedeckter-fehlbetrag.htm

§19 Inso

§ 19 Überschuldung
(1) Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund.
(2)Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden
Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens
ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich.Forderungen auf Rückgewähr
von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen
wirtschaftlich entsprechen, für die gemäß § 39 Abs. 2 zwischen Gläubiger und Schuldner
der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten
Forderungen vereinbart worden ist, sind nicht bei den Verbindlichkeiten nach Satz 1 zu
berücksichtigen.



Zu deutsch, ohne die komplette Bilanz zu sehen kann man nicht sagen ob die GmbH wirklich überschuldet ist.
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ichbinneuimforum

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Re: Wann muß GmbH Insolvenz anmelden ?
« Antwort #2 am: 31. Juli 2011, 16:03:42 »

31.12.2009
EUR
A. Anlagevermögen    4.578,00    
I. Immaterielle Vermögensgegenstände    1,00    
II. Sachanlagen    4.577,00    
B. Umlaufvermögen    5.356,46    
I. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände    5.258,12    
II. Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks    98,34    
C. nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag    222.824,57    
Bilanzsumme, Summe Aktiva    232.759,03    

Passiva
        
     31.12.2009
EUR
A. Eigenkapital    0,00    
I. gezeichnetes Kapital    25.564,59    
II. Verlustvortrag    205.450,13    
III. Jahresfehlbetrag    42.939,03    
IV. nicht gedeckter Fehlbetrag    222.824,57    
B. Rückstellungen    2.100,00    
C. Verbindlichkeiten    230.659,03    
davon mit Restlaufzeit bis 1 Jahr    152.676,08    
Bilanzsumme, Summe Passiva    232.759,03    
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Maurice Garin

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Re: Wann muß GmbH Insolvenz anmelden ?
« Antwort #3 am: 31. Juli 2011, 16:16:16 »

Ob eine GmbH überschuldet ist ermittelt man nicht anhand der Bilanz, sondern anhand eines insolvenzrechtlichen Überschuldungsstatus. Darin werden - abweichend von den Ansätzen in der Handelsbilanz - die Wirtschaftsgütern mit ihrem Wert unter Liquidationsprämisse angesetzt, also incl. stiller Reserven und abzüglich von Veräußerungskosten.

Ob da bei den o.g. Zahlen etwas positives herauskommen kann, daran habe ich aber starke Zweifel. Könnte aber sein, dass es sich bei den Verbindlichkeiten um Gesellschafterverbindlichkeiten handelt, für die ein Rangrücktritt erklärt wurde. Dann würden die im Überschuldungsstatus nicht angesetzt. Dazu müßte möglicherweise im Anhang was stehen.

Bei der bis Ende 2013 geltenden Rechtslage ist die - vermögensmäßige - Überschuldung aber möglicherweise wurscht, weil bei einer positiven Fortführungsprognose grds. keine Überschuldung und damit auch keine Insolvenzantragspflicht besteht. Und ob so eine positive Fortbestehensprognose besteht, oder nicht, das läßt sich aus der Bilanz in keinster Weise ableiten.

So gesehen weiß man es im vorliegenden Fall nicht. Um es zu wissen, müßte man Gläubiger sein und einen Insolvenzantrag stellen. Der nicht gedeckte Fehlbetrag in der Bilanz reicht zur Glaubhaftmachung eines Insolvenzgrundes auf jeden Fall aus. Das Gegenteil muß dann die Gesellschaft nachweisen.
« Letzte Änderung: 31. Juli 2011, 16:19:37 von Maurice Garin »
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ichbinneuimforum

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Re: Wann muß GmbH Insolvenz anmelden ?
« Antwort #4 am: 31. Juli 2011, 17:57:01 »

Sachanlagen werden zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich Abschreibungen angesetzt. Die planmäßigen Abschreibungen werden innerhalb der steuerrechtlich zugelassenen Zeiträume linear vorgenommen.

Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände werden mit dem Nennwert angesetzt.

Die liquiden Mittel werden zum Nominalwert angesetzt.

Das gezeichnete Kapital ist zum Nennbetrag angesetzt.

Steuerrückstellungen und sonstige Rückstellungen sind in der Höhe des Betrages angesetzt, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist.

Verbindlichkeiten werden mit dem Rückzahlungsbetrag angesetzt.

B. Informationen zur Bilanz

Der Gesamtbetrag der Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mehr als 5 Jahren betrug zum Bilanzstichtag 0,00 Euro.2

C. Sonstige Angaben



Also keinberlei Darlehen gegenüber Gesellschaftern.

Alle Kredite sind kurzfristig.

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makro

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Re: Wann muß GmbH Insolvenz anmelden ?
« Antwort #5 am: 31. Juli 2011, 21:57:25 »

Nun war das aber die Bilanz für 2009, wir sind aber schon min. eine Bilanz weiter. Ist bestimmt noch nicht veröffentlicht, aber kann durchaus anders aussehen.
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Maurice Garin

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Re: Wann muß GmbH Insolvenz anmelden ?
« Antwort #6 am: 31. Juli 2011, 23:07:29 »

Also keinberlei Darlehen gegenüber Gesellschaftern.

Alle Kredite sind kurzfristig.

Das heißt nicht, dass es keine Rangrücktritte gibt. Man weiß es schlicht weg nicht. Nur anhand des Jahresabschlusses kann man die Insolvenzantragspflicht wie gesagt nicht beurteilen, weil der für die insolvenzrechtliche Überschuldung allenfalls ein Indiz ist, s.o.

Andererseits sind GmbHs, bevor sie tatsächlich Insolvenz wg. Zahlungsunfähigkeit anmelden im Schnitt schon mindestens 12 Monate überschuldet. Kann hier natürlich genau so sein.

Aber was genau bezwecken Sie denn eigentlich?
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tomwr

Re: Wann muß GmbH Insolvenz anmelden ?
« Antwort #7 am: 01. August 2011, 17:07:06 »

Ja die Wirtschaftskrise macht wohl Vieles möglich.  :whistle:

Zitat
Damit helfen wir auch einem mittelständischen Handwerksbetrieb in der Rechtsform einer GmbH, der vielleicht überschuldet ist, aber sich erfolgreich durch "Lieferantenkredite" über Wasser hält.

http://www.inso-ra.de/news/Insolvenzrecht_Keine_Antragspflicht_mehr_bei_Ueberschuldung


Solange die Gläubiger des Unternehmens sich nicht geschädigt fühlen, wer sollte denn ein rechtliches Interesse an einem Insolvenzantrag haben ? Wobei sich sowas natürlich auch ändern kann.

Im Grunde sieht die Bilanz schon nach tickender Zeitbombe aus aber ich möchte nicht wissen wie die Bilanzen der sog. Bad Banks ausschauen. Die sind ja auch staatlich gewollt. Auch im Hinblick auf die Ereignisse in den USA (Bankrott oder nicht) kann man eigentlich nur noch ungläubig den Kopf schütteln.

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Maurice Garin

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Re: Wann muß GmbH Insolvenz anmelden ?
« Antwort #8 am: 01. August 2011, 18:25:11 »

Ja die Wirtschaftskrise macht wohl Vieles möglich.  :whistle:

Zitat
Damit helfen wir auch einem mittelständischen Handwerksbetrieb in der Rechtsform einer GmbH, der vielleicht überschuldet ist, aber sich erfolgreich durch "Lieferantenkredite" über Wasser hält.
Die Info ist von 2008. Das entsprechend geänderte Gesetz läuft zum 31.12.2013 aus, falls es nicht doch noch verlängert wird.

Zitat
Solange die Gläubiger des Unternehmens sich nicht geschädigt fühlen, wer sollte denn ein rechtliches Interesse an einem Insolvenzantrag haben ?

Naja, z.B. der Geschäftsführer. Der haftet für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzantragspflicht persönlich. Strafrechtlich ganz zu schweigen.
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tomwr

Re: Wann muß GmbH Insolvenz anmelden ?
« Antwort #9 am: 02. August 2011, 17:32:34 »

Naja, z.B. der Geschäftsführer. Der haftet für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzantragspflicht persönlich. Strafrechtlich ganz zu schweigen.

Theoretisch ja. Praktisch müsste man ihm aber den Eintritt eines Insolvenzgrundes nachweisen.
Da fallen mir bei einer GmbH eigentlich nur Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ein.
Beides ist gekoppelt an die Fälligkeit von Verbindlichkeiten.

Hier hat der BGH ja ziemlich eindeutig festgehalten, dass für eine Betrachtung unter Insolvenzgesichtspunkten neben der reinen Fälligkeit auch das ernstliche Einfordern der Verbindlichkeit hinzutreten muss. Sofern Zahlungen gestundet werden sind diese bei der insolvenzrechtlichen Liquiditätsbetrachtung nicht zu berücksichtigen. Laut BGH ist dazu noch nicht mal eine schriftliche Vereinbarung notwendig und selbst das Tolerieren des status quo könnte man schon als Stundung interpretieren.
BGH, 19.07.2007, IX ZB 36/07 http://lexetius.com/2007,2212

Und was sollte dem Unternehmer strafrechtlich drohen ?
Wenn er Arbeitnehmerbeiträge ordnungsgemäß abführt und seine Bücher auf dem aktuellen Stand sind ?

Und rein haftungstechnisch ist nur auf die Situation abzustellen, die bei Berücksichtigung der einzuhaltenden Frist entstanden wäre. Heißt im Klartext wenn der Insolvenzantrag gestellt wird und ein Gutacher zu dem Schluss käme, dieser hätte sagen wir mal 6 Wochen früher gestellt werden müssen, dann wird lediglich auf die Schlechterstellung der Gläubiger im Laufe der 3 (zusätzlichen) Wochen abgestellt.

Wäre ja auch noch schöner, ein Gläubiger der über einen langen Zeitraum großzügig Kredite bereitgestellt hat könnte durch das bloße Fälligstellen (und ernstlich einfordern) den Geschäftsführer über die gesamte Kreditsumme (sagen wir mal hier der Einfachheit halber EUR 200.000) persönlich in Haftung nehmen. In den meisten Fällen dürften die Ansprüche nicht über die Zinsen seit Pflicht zur Antragstellung hinausgehen.

« Letzte Änderung: 02. August 2011, 17:35:25 von tomwr »
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Maurice Garin

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Re: Wann muß GmbH Insolvenz anmelden ?
« Antwort #10 am: 02. August 2011, 21:25:06 »

Praktisch müsste man ihm aber den Eintritt eines Insolvenzgrundes nachweisen
Was - mal aus der Praxis gesprochen - gar nicht mal so selten ist. Und wenn die Bilanz einen nicht gedeckten Fehlbetrag von > 200 T€ bei nicht offensichtlich vorhandenen stillen Reserven ausweist, dann reicht das erstmal. Das Gegenteil muß der GF beweisen.
Zitat
Da fallen mir bei einer GmbH eigentlich nur Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ein.
Ach was...
Zitat
Beides ist gekoppelt an die Fälligkeit von Verbindlichkeiten.
Nein. Überschuldung hat mit Fälligkeit erstmal nix zu tun. Das kann allenfalls bei der Fortführungsprognose relevant werden.
Zitat
BGH, 19.07.2007, IX ZB 36/07
Dazu sollten Sie sich auch das Urteil mal ansehen: BGH, 14.05.2009, IX ZR 63/08

Zitat
Und was sollte dem Unternehmer strafrechtlich drohen ?
Je nach Ausmaß vielleicht eine Gefängnisstrafe?

Zitat
Und rein haftungstechnisch ist nur auf die Situation abzustellen, die bei Berücksichtigung der einzuhaltenden Frist entstanden wäre. Heißt im Klartext wenn der Insolvenzantrag gestellt wird und ein Gutacher zu dem Schluss käme, dieser hätte sagen wir mal 6 Wochen früher gestellt werden müssen, dann wird lediglich auf die Schlechterstellung der Gläubiger im Laufe der 3 (zusätzlichen) Wochen abgestellt.
Erstens sind 6 Wochen in der Realität gar nix. Zweitens sollten Sie mal realistisch darüber nachdenken, was Sie da geschrieben haben. Ihnen scheint nicht klar zu sein, welches Ausmaß die Haftung nach § 64 GmbHG ganz schnell annehmen kann.

Willkommen im Wolkenkuckucksheim...
« Letzte Änderung: 02. August 2011, 21:27:03 von Maurice Garin »
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tomwr

Re: Wann muß GmbH Insolvenz anmelden ?
« Antwort #11 am: 04. August 2011, 01:00:08 »

Und wenn die Bilanz einen nicht gedeckten Fehlbetrag von > 200 T€ bei nicht offensichtlich vorhandenen stillen Reserven ausweist, dann reicht das erstmal. Das Gegenteil muß der GF beweisen.
Nein muss er nicht. Wem sollte er da was beweisen müssen ? Ein Insolvenzgrund ist durch ein Insolvenzgericht oder Insolvenzgutachter nach Stellung eines Antrags zu ermitteln. Und da gelten sehr wohl die Regeln aus dem von mir zitierten Urteil BGH, 19.07.2007, IX ZB 36/07 für den Grund der Zahlungsunfähigkeit. Und betreffend der Überschuldung kommen die Änderungen im FMStG zum Tragen.


Zitat
Neue Definition der Überschuldung
Mit der jetzt bis zum 31. Dezember 2010 (und aktuell ist die Regelung bis 31.12.2013 verlängert) gültigen Fassung des § 19 InsO ist ein Überschuldungsstatus nicht zu erstellen (und damit kein Insolvenzantragsgrund aufgrund von Überschuldung gegeben), wenn die Fortführung des Unternehmens nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. Mit dieser Auslegung der Überschuldung bekommt die Fortführungsprognose eine ganz zentrale Relevanz. Dies ist insbesondere deshalb von großer Bedeutung, weil es an einer eindeutigen Definition bisher fehlt.

Von einer positiven Fortführungsprognose wird man in der Regel ausgehen können, wenn die Finanzierung des Unternehmens mindestens 18 Monate gesichert ist und das Unternehmen spätestens gegen Ende dieses Betrachtungszeitraums stabile positive Erträge und einen stabilen positiven Cash-Flow ausweist .

Sofern die Finanzierung gesichert ist (davon kann auszugehen sein wenn das Unternehmen weiter seine fälligen Rechnungen zahlt) und das Unternehmen dann wieder positive Erträge und einen positiven Cash Flow ausweist. Positiv heißt hier streng genommen auch 1 EUR plus. Und die Regelung sagt nicht, dass ein aufgelaufener Verlust abgetragen sein muss sondern lediglich dass der operative Betrieb "läuft".


Dazu sollten Sie sich auch das Urteil mal ansehen: BGH, 14.05.2009, IX ZR 63/08
Das ist jetzt aber ein schlechtes Beispiel, weil das Urteil sich auf einen Fall vor der Einführung des FMStG im Oktober 2008 bezieht. Und im Falle der Zahlungsunfähigkeit sagt das Gerichts nichts anderes aus, was ich hier angeführt habe (siehe Rz. 27).

Zitat
Sinn und Zweck des § 17 InsO gebieten, in Übereinstimmung mit dem Verständnis der Konkursordnung an dem Erfordernis des "ernsthaften Einforderns" als Voraussetzung einer die Zahlungsunfähigkeit begründenden oder zu dieser beitragenden Forderung festzuhalten. Von der Nichtzahlung einer im Sinne des § 271 Abs. 1 BGB fälligen Forderung darf nicht schematisch auf die Zahlungsunfähigkeit im Sinne von § 17 InsO geschlossen werden.

Auch kann der Status einer Zahlungsunfähigkeit durch eine tatsächliche (möglicherweise auch schriftliche) Vereinbarung über eine Stundung beseitigt werden. Hier kann rein anhand der Bilanz nur spekuliert werden, keiner kennt die Absprachen untereinander.


Erstens sind 6 Wochen in der Realität gar nix. Zweitens sollten Sie mal realistisch darüber nachdenken, was Sie da geschrieben haben. Ihnen scheint nicht klar zu sein, welches Ausmaß die Haftung nach § 64 GmbHG ganz schnell annehmen kann.

Immer diese Unterstellungen. Natürlich ist mir das klar. Sollte dem Geschäftsführer auch klar sein.
Im Übrigen orientiert sich die Haftungspflicht aus einer Pflichtverletzung des GF, nämlich die fristgerechte Stellung des Insolvenzantrags unterlassen zu haben. Sofern ein Antrag wegen Überschuldung aufgrund einer positiven Fortführungsprognose nicht gestellt werden muss, kann dann sinngemäß auch die Schadenersatzpflicht des GF für diesen Fall nicht greifen. Sonst würde die Regelung durch das FMStG keinen Sinn machen.
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Maurice Garin

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Re: Wann muß GmbH Insolvenz anmelden ?
« Antwort #12 am: 04. August 2011, 20:33:48 »

Das ist jetzt aber ein schlechtes Beispiel, weil das Urteil sich auf einen Fall vor der Einführung des FMStG im Oktober 2008 bezieht.
Das FMSTG hat bzgl. der Zahlungsunfähigkeit schlicht gar nichts geändert. Insbesondere nicht, wie das Kritierium des "ernsthaften Einforderns" im Rahmen der Zahlungsunfähigkeitsprüfung zu verstehen ist. Das von mir genannte Urteil befasst sich aber mit dieser Frage. Und für "ernsthaftes Einfordern" reicht schon, wenn man einmal eine Rechnung schickt.
Zitat
Auch kann der Status einer Zahlungsunfähigkeit durch eine tatsächliche (möglicherweise auch schriftliche) Vereinbarung über eine Stundung beseitigt werden
Das ist ja nun eine Binse. Aber dafür brauchen Sie halt auch so eine Vereinbarung. Die Sie im Zweifel nachweisen müssen. Nur zu sagen "der hat sich aber schon länger nicht gerührt und damit nicht ernsthaft eingefordert" nützt da gar nix.
Zitat
Sofern ein Antrag wegen Überschuldung aufgrund einer positiven Fortführungsprognose nicht gestellt werden muss, kann dann sinngemäß auch die Schadenersatzpflicht des GF für diesen Fall nicht greifen. Sonst würde die Regelung durch das FMStG keinen Sinn machen.
Auch das bestreitet ja keiner. Die Frage ist nur, wann so eine positive Fortführungsprognose vorliegt und wie die auszusehen hat, um vor Gericht anerkannt zu werden. Und da reicht ein "wird schon werden" halt nicht aus. Stattdessen brauchen Sie da ein Gutachten analog IDW S 6, das eine Prognose für mindestens das laufende und das nächste Geschäftsjahr umfasst. Kann der GF das im Insolvenzfall nicht vorweisen und lag vermögensmäßig seit längerem Überschuldung vor, dann hat er ein Problem. Auch wenn Sie das nicht einsehen wollen.

Sie neigen dazu, Risiken zu verharmlosen und dazu wild Begriffe durcheinander zu schmeißen.

Aber da Sie weiter sowieso immer alles besser wissen, denke ich, dass sich die Diskussion erübrigt. Mit der Frage des TE hat das alles ohnehin nix mehr zu tun.
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tomwr

Re: Wann muß GmbH Insolvenz anmelden ?
« Antwort #13 am: 04. August 2011, 23:20:13 »

Und für "ernsthaftes Einfordern" reicht schon, wenn man einmal eine Rechnung schickt.

Da würde ich aber noch mal einen Blick auf das genannte Urteil BGH, 19.07.2007, IX ZB 36/07 http://lexetius.com/2007,2212 werfen und nicht nach dem zweiten Satz in Rz. 25 das Browserfenster zuklappen.

Zitat
Rz.25
Regelmäßig ist eine Forderung also dann im Sinne von § 17 Abs. 2 InsO fällig, wenn eine Gläubigerhandlung feststeht, aus der sich der Wille, vom Schuldner Erfüllung zu verlangen, im Allgemeinen ergibt. Dies ist grundsätzlich schon bei Übersendung einer Rechnung zu bejahen. Das Insolvenzgericht hat im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht (§ 5 Abs. 1 InsO) jedoch Tatsachenbehauptungen des Schuldners oder anderen Anhaltspunkten nachzugehen, die konkret als möglich erscheinen lassen, dass der Gläubiger sich dem Schuldner gegenüber mit einer nachrangigen Befriedigung unter - sei es auch zeitweiligem - Verzicht auf staatlichen Zwang einverstanden erklärt hat (vgl. BGH, Urt. v. 8. Oktober 1998, aaO).

Dazu aber dann auch noch den letzten Absatz Rz 24 dazu
Zitat
Rz.24
....
Der Zweck der Vorschrift des § 17 InsO, den richtigen Zeitpunkt für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu finden, gebietet die Berücksichtigung auch solcher Gläubiger, die den Schuldner zur Zahlung aufgefordert, dann aber weitere Bemühungen eingestellt haben, ohne ihr Einverständnis damit zum Ausdruck zu bringen, dass der Schuldner seine Verbindlichkeit vorerst nicht erfüllt. Die Forderung eines Gläubigers, der in eine spätere oder nachrangige Befriedigung eingewilligt hat, darf hingegen nicht berücksichtigt werden, auch wenn keine rechtlich bindende Vereinbarung getroffen worden ist oder die Vereinbarung nur auf die Einrede des Schuldners berücksichtigt würde und vom Gläubiger einseitig aufgekündigt werden könnte.


Durch die weiteren Ausführungen im konkreten Fall hat der BGH dann festgestellt, dass die fälligen Verbindlichkeiten im Sinne des §17 InsO im konkreten Fall nur EUR 46.311,02 statt EUR 208.657,95 betragen. Das ist schon ein himmelweiter Unterschied.

Die betreffenden Gründe kann man dem Urteil in der weiteren Folge entnehmen. Und nicht überall gab es konkrete schriftlich Stundungsvereinbarungen und der BGH hat hier die Zahlungen anders bewertet als das sagen wir mal im Großen und Ganzen sicher kompetente Landgericht Hannover. Insofern sehe ich hier meine Meinung durchaus bestätigt.


Nur zu sagen "der hat sich aber schon länger nicht gerührt und damit nicht ernsthaft eingefordert" nützt da gar nix.

Das ist Ansichtssache. Wenn ein großer 6-stelliger Betrag über Monate oder Jahre offen ist und keine weiteren Massnahmen seitens des Gläubigers angekündigt werden dann kann man schon von faktischer oder konkludenter Stundung sprechen, zumindest im Sinne des §17 InsO.



Die Frage ist nur, wann so eine positive Fortführungsprognose vorliegt und wie die auszusehen hat, um vor Gericht anerkannt zu werden. Und da reicht ein "wird schon werden" halt nicht aus. Stattdessen brauchen Sie da ein Gutachten analog IDW S 6, das eine Prognose für mindestens das laufende und das nächste Geschäftsjahr umfasst.

Das sehe ich nicht unbedingt. Wem gegenüber ? Sofern tatsächlich (nachweislich) wieder Erträge erwirtschaftet werden ist ein Gutachten obselet. Weil man den Zustand den das Gutachten als wahrscheinlich testiert dann ja tatsächlich erreicht hat. Und letztlich handelt ein Geschäftsführer immer mit einem gewissen Risiko, das er selbst einschätzen muss. Dafür werden die Leute ja auch anders bezahlt bzw. darin unterscheiden sie sich halt von den Angestellten, gelle Maurice Garin ?


Sie neigen dazu, Risiken zu verharmlosen und dazu wild Begriffe durcheinander zu schmeißen.
Aber da Sie weiter sowieso immer alles besser wissen, denke ich, dass sich die Diskussion erübrigt.

Also den Spieß kann ich jetzt auch umdrehen weil es immer wieder Leute hier gibt, die den schwarzen Peter an die Wand malen. Dazu bilde ich lediglich ein Gegenpol. Und wenn man eine ernsthafte Diskussion mit den Worten "der weiß immer alles besser" abschließt heißt das doch letzlich nur, dass die Argumente ausgegangen sind. Nichts anderes.
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Maurice Garin

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Re: Wann muß GmbH Insolvenz anmelden ?
« Antwort #14 am: 05. August 2011, 10:01:27 »

Das sehe ich nicht unbedingt. Wem gegenüber ?
Das Sie das nicht so sehen ist aber nicht entscheidend. Relevant wird das aber dann, wenn sich die Prognose nicht bewahrheitet. Und der GF sich wg. Insolvenzverschleppung verantworten muß. Wenn die GmbH nicht insolvent geht, ist das alles völlig wurscht. Wir reden hier aber von den Risiken und den erforderlichen Maßnahmen. 

Zitat
Dafür werden die Leute ja auch anders bezahlt bzw. darin unterscheiden sie sich halt von den Angestellten, gelle Maurice Garin ?

Wenn Sie das auf mich beziehen: Ich bin kein Angestellter. Aber ich erstelle solche Gutachten und berate Geschäftsführer diesbezüglich (und dafür werde ich gar nicht mal so schlecht bezahlt). Und ich habe leider Gottes schon oft erlebt, dass der Staatsanwalt im Lichte der nachträglich besseren Erkenntnis erfolgreich gegen den GF vorgegangen ist. Eben weil der vorher nix gemacht hat. Auch wenn Sie das offensichtlich nicht glauben mögen.

Zitat
heißt das doch letzlich nur, dass die Argumente ausgegangen sind.
Nein, das heißt es nicht. Das heißt, dass das Argumentieren in Ihrem Fall so viel Sinn macht, wie im Wald in eine hohle Eiche zu sprechen.
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Insokalle

Re: Wann muß GmbH Insolvenz anmelden ?
« Antwort #15 am: 05. August 2011, 17:39:27 »

So sehe ich das auch. Und einem GF einer GmbH kann es zweifellos schnell an den Kragen gehen. Ein Hinweis auf fehlendes ernsthaftes Einfordern ist kein Allheilmittel in der Krise. Nur weil ein Gläubiger nicht sofort zum Gericht läuft, wird das das ernsthafte Einfordern nicht ausschließen. Im Gegenteil, der GF der GmbH wird konkret zu Stundungen  o.ä. vortragen müssen. Nichts anderes ergibt sich aus den Entscheidungen, wie man den zitierten Stellen entnehmen kann. Und den leider nicht zitierten. Mit den Schönrednereien des Herrn Gegenpol mit nicht vorhandenen Argumenten und verfehlten Schlussfolgerungen ist niemanden wirklich geholfen.

Der GF wird auch bei derzeitiger Fassung des § 19 InsO beweispflichtig dafür sein, dass eine positive Fortführungsprognose besteht.
Andererseits muss der Gläubiger der GmbH, zu denen zählt anscheinend der Fragesteller, die Voraussetzungen der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit belegen, wenn er den GF persönlich in Anspruch nehmen will. Gesellschafterdarlehen müssen aus der Bilanz oder deren Anhang ersichtlich sein. Insofern wäre schon interessant, was hinter den Verbindlichkeiten von 230,000,00 € bzw. den kurzfristigen von 150.000,00 € steckt. Aber ich schließe mich makro und garin an, genaueres weiß man nicht.

Gerade für die sog. Neugläubiger ist die Frage nicht unwichtig, ob nur mit dem Jahresabschluss allein eine erfolgreiche Klage gegen den GF erhoben werden kann. Die Schwierigkeit wird darin bestehen, eine entsprechende Liquiditätsbilanz ohne Kenntnis der betriebswirtschaftlichen Einzelheiten aufzustellen, um die Zahlungsunfähigkeit zu belegen. Bei der Überschuldungsbilanz bestehen die schon erwähnten Probleme. Aber es gibt auch einige hilfreiche Ausführungen durch das OLG Celle. Danach könnte die veröffentliche Bilanz ein versprechender Ansatz sein. Durch den derzeitigen Überschuldungsbegriff kann allerdings der GF noch den Kopf aus der Schlinge ziehen.

Um auf die Frage zurückzukommen:
Man könnte als Gläubiger der GmbH einen Insolvenzantrag gegen die GmbH stellen.
Man könnte als Gläubiger Strafantrag wegen Insolvenzverschleppung u.a. stellen. Dies könnte evtl. die Durchgriffshaftung erleichtern.

« Letzte Änderung: 05. August 2011, 17:43:12 von Insokalle »
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