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Autor Thema: §7 InsO - Rechtsbeschwerde erfordert ausdrückliche Zulassung  (Gelesen 2288 mal)

tomwr


Es ist unglaublich, aber die haben doch tatsächlich den §7 der InsO (eher heimlich) abgeschafft und damit die Rechtsbeschwerde von einer ausdrücklichen Zulassung vom Beschwerdegericht abhängig gemacht. Das Gesetz zur Änderung des §522 ZPO machts möglich. (http://www.pleite-was-nun.info/modules/Forum/smf/Smileys/default/huh.gif)

Dabei ist die Zulassung einer Rechtsbeschwerde sowieso schon an sinnvolle Bedingungen geknüpft:

Zitat
§522 ZPO
...
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
   1.    die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
   2.    die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
   3.    die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
   4.    eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
...

Zukünftig wird der ablehnende Richter also entscheiden, ob es in der Sache eine höherinstanzliche Rechtsprechung geben wird und eine Überprüfung seiner Entscheidung überhaupt stattfinden kann. Das ist m.E. eine massive Verschlechterung der Rechtsprechung. Der Weg einer Nichtzulassungsbeschwerde ist versperrt.

So auch die Befürchtung der Experten:

Zitat
•Bislang nur langsame Rechtsvereinheitlichung eingetreten.
•Durch die Abschaffung des § 7 InsO wird dieser Prozess wieder umgekehrt werden. Es wird große regionale Unterschiede, wie damals bei der Gewährung PKH für Verfahrenskosten, geben.
•Die Rechtsbeschwerde wird nur selten zugelassen werden.
•Die Gläubiger müssen bei Versagungsanträgen professioneller werden, die bloße Bezugnahme auf den Insolvenzverwalterbericht kann ggf. trügerische Sicherheit sein.
•Die Insolvenzverwalter sollten im Schlussbericht detaillierter, möglichst mit Unterlagen, zum Verhalten des Schuldners Stellung nehmen.
•§ 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO wird der wichtigste Versagungsgrund bleiben, aber die anderen Normen, insbesondere § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO nehmen an Bedeutung zu.
•Bei schwierigen Fällen sollten Gläubiger anwaltliche Unterstützung einholen und es erfordert ggf. das Aufbringen weiterer Gelder für die anwaltliche Vertretung in einem Versagungsverfahren.
•Es muss bei Versagungsanträgen sofort umfassend, möglichst mit Zitierung von Rechtsprechung etc. vorgetragen werden.
•Erfahrungen mit versierten, ausgewogenen Gerichtsentscheidungen sollten nicht dazu verleiten, diese Erfahrungen auf alle Gerichte zu übertragen. Amtsermittlung ist nicht Allheilmittel!
•Musterschriftsatz
Quelle: http://www.institut-insolvenzrecht.de/pdf/20120418.pdf


Krass finde ich die Begründung der Bundesregierung. Damit künftig mehr Rechtsprechung des BGH zu anderen Rechtsgebieten erfolgen kann, soll die Rechtsbeschwerde in Insolvenzverfahren deutlich eingeschränkt werden. 10 Jahre Rechtsprechung im neuen Insolvenzrecht seien "ausreichend" und mittlerweile nahezu alle Fragen geklärt. (http://www.pleite-was-nun.info/modules/Forum/smf/Smileys/default/mad2.gif)

Zitat
Die Klärung von Grundsatzfragen in Insolvenzsachen zur Wahrung der Rechtseinheit und zur Fortbildung des Insolvenzrechts bleibt gewährleistet. Gleichzeitig ist mit der Änderung keine Einbuße an Rechtsschutzgewährung verbunden. Es stellt für den Rechtssuchenden keine Einschränkung dar, wenn eine Rechtsbeschwerde, die keine grundsätzliche Bedeutung hat und bei der keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, nicht erst durch eine dritte Instanz auf Kosten des Rechtssuchenden als unzulässig verworfen wird, sondern bereits vom Beschwerdegericht nicht zugelassen wird.
Mit einer solchen Rechtsänderung ist auch eine deutliche Entlastung für den BGH verbunden, so dass dies eine partielle Kompensation für die mit der Änderung von § 522 ZPO zu erwartende zusätzliche Belastung für den BGH bedeutet. Der Gesetzentwurf sieht deshalb vor, die Voraussetzungen für die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nach § 7 einzuschränken. Eine solche Einschränkung wird bereits seit längerem gefordert, da der zuständige Zivilsenat seit Jahren mit diesen Rechtsbeschwerden stark belastet ist. 2009 entfielen auf den zuständigen Zivilsenat 20,9 Prozent der insgesamt beim BGH eingegangenen Rechtsbeschwerden, davon waren 73 Prozent (209) Rechtsbeschwerden nach der Insolvenzordnung. Diese sind seit dem 1. Januar 2002 nicht mehr von einer Zulassung abhängig.
Quelle: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/053/1705334.pdf

Der Entwurf vom 1. April (ein Schelm wer Böses dabei denkt) ist am 27.10.2011 dann Realität geworden. (http://www.pleite-was-nun.info/modules/Forum/smf/Smileys/default/huh.gif)
« Letzte Änderung: 22. August 2012, 01:51:44 von tomwr »
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Insokalle

Re: §7 InsO - Rechtsbeschwerde erfordert ausdrückliche Zulassung
« Antwort #1 am: 22. August 2012, 11:40:25 »

Was an diesen Gesetzesänderungen nie nachvollziehbar ist, ist, dass bei Änderung einer Vorschrift oft gleich andere mit geändert werden, die mit der eigentlich genannten Vorschrift nichts zu tun haben. So wie hier:  § 522 ZPO die Berufung gegen Urteile, § 7 InsO betrifft die Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse des Insolvenzgerichts. Das einzige, was die beiden Vorschriften gemeinsam haben, ist im wesentlichen die Überschrift Rechtsmittel.

Wenn tom schreibt, dass die Rechtsbeschwerde an Voraussetzungen des § 522 ZPO geknüpft sein sollen, dann ist das also schlicht falsch.
(§ 522 Abs. 2 ZPO war übrigens alles andere als sinnvoll und wurde erst nach erheblicher Kritik wieder geändert, ebenso wie § 522 Abs. 3 ZPO.)

Richtig ist, dass die Rechtsbeschwerde in Insolvenzsachen leider weggefallen ist. Das ist bedauerlich, die Begründung wahrscheinlich nur Schein, denn es dürfte wohl nur um eines gehen, nämlich die Entlastung des ach so überlasteten BGH.

Eine Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen des Insolvenzgerichts ist nun nur noch unter den Voraussetzungen der §§ 574 ff ZPO möglich (Art. 102, § 7 EGInsO).
Richtig ist wiederum, dass sie zugelassen werden muss, § 574 ZPO. Voraussetzung dafür ist, dass die zu klärende Sache grundsätzliche Bedeutung hat oder der Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient. Man kann nur hoffen, dass unter diesen Voraussetzungen über die Zulassung richtig entschieden wird.
Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist nämlich meines Wissens leider nicht anfechtbar.


« Letzte Änderung: 22. August 2012, 14:25:59 von Insokalle »
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tomwr

Re: §7 InsO - Rechtsbeschwerde erfordert ausdrückliche Zulassung
« Antwort #2 am: 23. August 2012, 01:38:26 »

Was an diesen Gesetzesänderungen nie nachvollziehbar ist, ist, dass bei Änderung einer Vorschrift oft gleich andere mit geändert werden, die mit der eigentlich genannten Vorschrift nichts zu tun haben. So wie hier:  § 522 ZPO die Berufung gegen Urteile, § 7 InsO betrifft die Rechtsbeschwerde gegen Beschlüsse des Insolvenzgerichts. Das einzige, was die beiden Vorschriften gemeinsam haben, ist im wesentlichen die Überschrift Rechtsmittel.

Wenn tom schreibt, dass die Rechtsbeschwerde an Voraussetzungen des § 522 ZPO geknüpft sein sollen, dann ist das also schlicht falsch.

Es geht um ähnliche Voraussetzungen bei §574 und §522 ZPO. Was die §§ 522 ZPO und 7 InsO gemeinsam haben ? Na ist doch klar, die entstehende Belastung beim BGH. Man rechnet mit höherem Aufwand durch Nichtzulassungsbeschwerden als Folge von Zurückweisungbeschlüssen nach §522 ZPO. Und um den BGH nicht zu überlasten, sollen Rechtsbeschwerden aus Insolvenzverfahren eingedämmt werden, in dem die Rechtsbeschwerde ausdrücklich zugelassen werden muss und den Prüfungskriterien des §574 zu unterwerfen ist.

Wenn also das Beschwerdegericht der Meinung ist, eine Rechtsfortbildung sei nicht nötig oder die Sache hätte keine grundsätzliche Bedeutung, kann es den Weg der Rechtsbeschwerde versperren und wird dies voraussichtlich auch tun. Der entscheidende Unterschied ist, dass das regionale Beschwerdegericht die Entscheidung trifft, die ansonsten der BGH getroffen hätte. Als Folge wird es vermutlich regional recht unterschiedliche Urteile zu im Grunde gleichen Sachverhalten geben. Je nach "Linie" der Richter. Eher Schuldnerfreundlich oder eher Gläubigerfreundlich.
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