Bürgeranfrage : ist das deutsche Insolvenzrecht von einem einzigen Urteil des Bundesarbeitsgerichtes abhängig, es hat mich überrascht, dass diese 5 Richter das gesamte Insolvenzrecht in Deutschland mit einem Urteil ändern können, zu Lasten der Schuldner, die sowieso sehr wenig zum Leben haben, bei den Kostensteigerung in den letzten Jahren und dieses Einkommen, wird die Auszahlung des AG ,jetzt durch ein einziges Urteil noch gekürzt ,zugunsten der Gläubiger. Wer kann das schon mit einem u.a. Brutto - Nettorechner prüfen ohne eine rechtmässige Tabelle ?
Das Urteil hat ja nicht primär mit dem Insolvenzrecht zu tun sondern mit der Pfändungs von Arbeitseinkommen. Und prinzipiell ist das Arbeitsgericht da schon die richtige Adresse würde ich sagen.
Ich kann den Ärger und Groll verstehen, den viele Schuldner wahrscheinlich in diesem Jahr haben werden und auch dass Sie sich ungerecht behandelt fühlen, wenn es in den Vorjahren anders lief. Tatsache ist aber auch, dass Richter dazu da sind ggf. Missstände zu beseitigen, das ist manchmal zum Vorteil für Schuldner, manchmal halt auch zum Vorteil von Gläubigern.
Vielleicht hilft eine andere Sichtweise und eine in klaren Worten verständliche Zusammenfassung. So wie es bisher gehandhabt wurde, sind einfach EUR 500,00 netto der Pfändung entzogen worden, wenn es sich um Weihnachtsgeld in dieser Höhe handelte. Mit anderen Worten könnte man auch sagen, der Pfändungsfreibetrag sei bei Vorliegen von Weihnachtsgeldbezug in dem Monat einfach um 500 EUR angehoben worden.
Da Einkommen eben auch versteuert werden muss und Sozialabgaben fällig werden, würden diese Abgaben die normalerweise der Schuldner zu tragen hat, den Gläubigern aufgelastet. Nehmen wir mal den Fall an, der Schuldner würde genau EUR 500,00 Weihnachtsgeld bekommen und hat normalerweise ein brutto von EUR 2000,- und bekommt ein Netto von EUR 1.350,-. Mit Weihnachtsgeld wären es dann EUR 2.500,- brutto und EUR 1.610,- netto. Wenn man netto die 500 EUR abziehen würde, hätte das paradoxerweise zur Folge, dass die Gläubiger in diesem Monat weniger oder fast gar nichts mehr bekommen (1.110,- pfändbares Einkommen statt 1.350,- wie sonst).
Die Gläubiger bekommen also nicht nur von den 500 EUR mehr nichts ab, die der Schuldner durch das Weihnachtsgeld hat sondern dürfen auch noch den Anteil an Sozialabgaben und Steuern dafür quasi übernehmen und bekommen weniger dafür. Mit dem Urteil hat das BAG im Grunde genommen für Ausgleich gesorgt und festgestellt, dass der Schuldner von den 500 EUR Freibetrag profitiert, aber die anteilige Steuer und Sozialabgaben selbst zu tragen hat. Im Grunde genommen bekommen die Gläubiger einfach das Gleiche, was sie immer bekommen haben und der Schuldner bekommt leider in diesem Beispiel nur mehr gut 50% (EUR 260,00) unterm Strich mehr.
Das ist natürlich nicht wenig, da sieht man mal wie hoch die gesamte Abgabenlast für deutsche Arbeitnehmer auch in niedrigen Einkommensklassen tatsächlich ist. Natürlich ist es diskussionswürde gerade unter diesem Gesichtspunkt mal einen höheren Bonus als 500 EUR zur Weihnachtszeit in den Pfändungsrichtlinien festzuschreiben.
Aber ich kann natürlich auch jeden verstehen, der sauer ist wenn er in diesem Jahr statt 500 EUR nur noch die Hälfte mehr bekommt. Auf der anderen Seite kommt noch ein Steuervorteil bei gleichmäßiger Verteilung (siehe Thema unten Lohnsteuerjahresausgleich) des Einkommens auf das Jahr von etwa zusätzlich 125 EUR dazu, den man sich dann aber wieder mit den Gläubigern teilen muss (z.B. 70/30). Insofern sind es dann nochmal 40 EUR mehr, also faktisch 300 EUR im Beispiel im Vergleich zu 500 EUR (etwa 40% weniger).
Viel wichtiger scheint mir aber in diesem Zusammenhang der Hinweis zu sein, dass der Schuldner ggf. seinen AG darauf aufmerksam macht, einen automatischen Lohnsteuerjahresausgleich im Dezember vorzunehmen. Denn durch Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld hat man in einem Monat deutlich höhere Aufwendungen, als wenn es über 12 Monate verteilt ist. Der Schuldner kann sich entweder über einen Lohnsteuerjahresausgleich das Geld vom Finanzamt wiederholen oder der Arbeitgeber kann dies automatisch tun und im Dezember eine Korrektur für das Jahr vornehmen. Im obigen Beispiel blieben zwar bei 500 EUR nur ein Betrag von etwa EUR 40 aber wenn jemand ein 13. Monatsgehalt bekommt (2000 EUR Weihnachtsgeld) ist der Steuervorteil um die 570 EUR und bei Teilung 70/30 immerhin noch 170 EUR mehr für den Schuldner.
Das gilt insbesondere für die WVP wenn das Finanzamt berechtigt ist mit Steuerrückständen aufzurechnen. Wenn der AG den Lohnsteuerausgleich richtig vornimmt, werden aber einfach weniger Steuern gezahlt und die Aufrechnungsmöglichkeit des Finanzamt scheitert. Inwieweit heutzutage der Ausgleich am Jahresende durch den AG automatisch vorgenommen wird, entzieht sich ehrlich gesagt meiner Kenntnis. Fragen schadet aber nicht.