Schneller schuldenfrei? Das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte
Der Bundestag hat am gestrigen Donnerstag um 23:21 Uhr Änderungen der Insolvenzordnung beschlossen. Ziel ist, das deutsche Restschuldbefreiungsverfahren, welches im europäischen Vergleich relativ lange dauert, unter bestimmten Umständen zu verkürzen. Grundgedanke ist, dass Schuldner schneller die Restschuldbefreiung erlangen können, wenn sie während der so genannten Wohlverhaltensphase bestimmte Mindestleistungen erbringen.
Wie sehen die Neuregelungen aus?
Nach dem neugefassten § 300 InsO entscheidet das Insolvenzgericht über die Erteilung der Restschuldbefreiung abhängig davon, welche Leistungen vom Schuldner erbracht worden sind. Bislang galt nach § 287 InsO (alte Fassung) eine sechsjährige Wohlverhaltensphase, nach deren Ablauf über die Restschuldbefreiung entschieden wurde. Die Neuregelung sieht nun folgende Fristen vor:
- Wenn kein Insolvenzgläubiger einer Forderung angemeldet hat oder wenn die Forderungen der Insolvenzgläubiger befriedigt sind und der Schuldner die sonstigen Masseverbindlichkeiten ausgeglichen hat, wird auf Antrag des Schuldners entschieden, ohne dass eine Mindestfrist abzuwarten ist.
- Wenn die Forderungen der Insolvenzgläubiger zu mindestens 35 % befriedigt werden können, wird nach drei Jahren entschieden.
- Wenn die Kosten des Verfahrens durch den Schuldner bezahlt wurden, wird nach fünf Jahren entschieden.
- Ansonsten wird nach sechs Jahren entschieden, unabhängig davon, ob der Schuldner Zahlungen erbringen konnte.
Um Missbrauch zu vermeiden, ist bei einem vorzeitigen Antrag darzulegen, woher die Mittel kommen, mit dem die Zahlungen erbracht werden. Dies soll verhindern, dass jemand Geld zur Seite legt, Insolvenzantrag stellt und sich dann mit einer Teilzahlung vorzeitig verkauft.
Was ändert sich außer der Verfahrensdauer?
Die Änderung zielt auch darauf ab, die Gläubigerrechte zu stärken. So sollen Anträge auf Versagung der Restschuldbefreiung nicht mehr nur im Schlusstermin gestellt werden können, sondern auch vorher jederzeit schriftlich möglich sein. Die Versagungsgründe selbst wurden überarbeitet und teilweise an die bisherige Rechtsprechung angepasst. Zum Schutz der Gläubiger vor unredlichen Schuldnern wurde ein neuer § 297a InsO eingeführt. Damit wird erstmals die nachträgliche Versagung der Restschuldbefreiung möglich. Hierdurch soll verhindert werden, dass jemand die Restschuldbefreiung nur deshalb erlangt, weil er es geschafft hat, bestehende Versagungsgründe lang genug zu verheimlichen. Dies betrifft beispielsweise Fälle von verheimlichten Vermögen. Hintergrund ist auch, dass die Gläubiger bei einem verkürzten Verfahren von drei Jahren deutlich weniger Möglichkeiten haben, überhaupt von etwaigen Versagungsgründen zu erfahren. Auch dies soll durch die Neuregelung ausgeglichen werden.
Zu den Schulden, die nicht unter die Restschuldbefreiung fallen, gehören nun auch ausdrücklich vorsätzlich pflichtwidrig nicht geleisteter Unterhalt und bestimmte Steuerschulden, soweit es eine Verurteilung wegen einer Steuerstraftat gegeben hat. Gewöhnliche Steuerrückstände oder andere Forderungen zum Beispiel Zwangsgelder fallen weiterhin unter die Restschuldbefreiung.
Deren Schutzumfang soll künftig auch dann widerrufen werden können, wenn bestimmte strafrechtliche Verurteilungen erst nach Ende der Wohlverhaltensphase rechtskräftig werden. Dies gilt aber nur, wenn die Forderung innerhalb eines Jahres nach Erteilung der Restschuldbefreiung erfolgt.
Die ursprünglich vorgesehene Änderung dahingehend, dass bei aussichtslosen Fällen auf einen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch verzichtet werden kann, wurde wieder aus dem Entwurf gestrichen, weil die Regelung nur zu einer Verlagerung der Arbeit auf die Insolvenzgerichte geführt hätte. Stattdessen wurde eine Evaluierungsregelung eingeführt, wonach bis zum 30. Juni 2018 ermittelt werden soll, in wie vielen Fällen bereits nach drei Jahren ein Restschuldbefreiung erteilt werden konnte, um eventuelle gesetzgeberische Maßnahmen vorzunehmen.
Quelle
http://conlegi.de/?p=3511