Der TH will aber zunächst gar nicht "pfänden". Pfändbare Sachen sind ihm aus der Aufstellung im Insolvenzantrag bekannt. Deren Herausgabe kann er vom Schuldner verlangen. Kommt der Schuldner dem Herausgabeverlangen nicht nach, dann muss der TH die Zwangsvollstreckung beauftragen. Ich habe dabei Zweifel, ob er selbst diese durchführen kann oder einen Gerichtsvollzieher beauftragen muss. Bei letzterem greift wieder § 758 f ZPO.
Damit ist meiner Ansicht nach ein Betretungsrecht für den TH allein zur Inaugenschiennahme der Wohnverhältnisse des Schuldners nicht durchsetzbar.
Naja - da machst Du es Dir aber ein bischen zu einfach.
Generell handelt es sich bei einer Insolvenz auch um ein Vollstreckungsverfahren als sog. Gesamtvollstreckungsverfahren. Im Grunde ist das Insolvenzverfahren eine Zusammenfassung der bis 1999 bestandenen Konkursordnung (KO), Vergleichsordnung (VglO) und Gesamtvollstreckungsordnung (GesO).
Also dem Character nach ist ein Insolvenzverfahren auch ein Vollstreckungsverfahren, was auch an etlichen Stellen zu insolvenzbefangenem Vermögen zum Ausdruck gekommen ist, dass eben im Zweifel das Vollstreckungsgericht in bestimmten Sachen angerufen werden kann (Regelungen u.a. in §§ 35,36 InsO) und dem Schuldner auch entsprechende Rechte zustehen (Gegenwehr zu Vollstreckungsmassnahmen).
Meiner Meinung nach hat der Insolvenzverwalter allein schon aufgrund seiner amtlichen Ernennung im Eröffnungsbeschluss ähnliche Befugnisse wie ein Gerichtsvollzieher. Der einzige Unterschied ist, dass er im Rahmen des Gesetzes für alle Gläubiger tätig wird und nicht für einen einzelnen aufgrund eines konkreten Auftrags. Nach §§ 148,56,35 InsO hat der Verwalter das gesamte (insolvenzbefangene) Vermögen des Schuldners in Besitz zu nehmen, das gilt im Zweifel auch für Gegenstände der Wohnung, die möglicherweise der Pfändung unterliegen. Er könnte sich sogar haftbar machen, wenn er sein Amt nicht pflichtgemäß ausübt §60 InsO.
Wo kämen wir denn dahin, wenn lediglich die Auskunft eines Schuldners, "er habe nichts" ohne weitere Nachforschungen ausreichen würde ? Das würde die Rechte von Gläubigern ad absurdum führen. Schuldner können vorsätzlich aber auch fahrlässig oder gar unwissend falsche Auskünfte geben. Sonst könnte man ja auch jeden Gerichtsvollzieher mit ein paar lapidaren Sätzen an der Tür in den Wald schicken. GV können die Wohnung nach fruchtloser Pfändung natürlich nach pfändbaren Gegenständen durchsuchen.
Spätestens mit einem Gerichtsbeschluss, im Zweifel aber auch sofort wann Anhaltspunkte vorliegen. Wenn da ein teurer Perser im Gang liegt, ein wertvolles Gemälde hängt oder wertvolle Uhren in Schubladen liegen bis hin zu Taschenpfändungen und anderen Zufallsfunden. Beliebt sind auch Kontoauszüge mit bisher unbekannten Bankverbindungen. Die Abgabe einer eV ist ja nur eine Momentaufnahme, ebenso wie die Angaben im Insolvenzantrag. Deswegen kann der Schuldner doch im Nachhinein trotzdem zu weiterem Vermögen gekommen sein ? Wenn Gutachten erstellt werden, kann sich die Eröffnung auch ein Jahr und länger hinziehen.
§ 61 GVGA (Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher)
Durchsuchung (§ 758 Absatz 1 und 2, § 758a ZPO, § 91 FamFG)
(1) Der Gerichtsvollzieher ist befugt, die Wohnung und die Behältnisse des Schuldners zu durchsuchen, wenn dieser in die Durchsuchung einwilligt; dies ist im Protokoll zu vermerken. Zur Wohnung gehören alle Räumlichkeiten, die den häuslichen oder beruflichen Zwecken ihres Inhabers dienen, insbesondere die eigentliche Wohnung, ferner Arbeits-, Betriebs- und andere Geschäftsräume, dazugehörige Nebenräume sowie das angrenzende befriedete Besitztum (Hofraum, Hausgarten).
(2) Gestattet der Schuldner die Durchsuchung nicht, so ist er vom Gerichtsvollzieher nach den Gründen zu befragen, die er gegen eine Durchsuchung geltend machen will. Seine Erklärungen sind ihrem wesentlichen Inhalt nach im Protokoll festzuhalten. Der Gerichtsvollzieher belehrt den Schuldner zugleich, dass er aufgrund der Durchsuchungsverweigerung zur Abgabe der Vermögensauskunft nach § 807 Absatz 1 Nummer 1 ZPO verpflichtet ist, sofern ein entsprechender Antrag des Gläubigers vorliegt, dass er deren sofortiger Abnahme jedoch widersprechen kann. Die Belehrung vermerkt er im Protokoll.
(3) Es ist Sache des Gläubigers, die richterliche Durchsuchungsanordnung zu erwirken. Die Durchsuchungsanordnung erteilt der Richter bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk die Durchsuchung erfolgen soll. Der Gerichtsvollzieher übersendet dem Gläubiger die Vollstreckungsunterlagen und eine Abschrift des Protokolls; ein Antrag auf Übersendung des Protokolls ist zu unterstellen.
(4) Auch ohne eine richterliche Anordnung darf der Gerichtsvollzieher die Wohnung des Schuldners durchsuchen, wenn die Verzögerung, die mit der vorherigen Einholung einer solchen Anordnung verbunden ist, den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde.
...
(10) Die Kleider und Taschen des Schuldners darf der Gerichtsvollzieher durchsuchen. Einer besonderen Anordnung des Richters bedarf es nur dann, wenn die Durchsuchung in der Wohnung des Schuldners gegen dessen Willen erfolgen soll. Die Absätze 1 bis 5 finden entsprechende Anwendung. Die Durchsuchung einer weiblichen Person lässt der Gerichtsvollzieher durch eine zuverlässige weibliche Hilfsperson durchführen. Die Durchsuchung einer männlichen Person ist durch eine zuverlässige männliche Hilfskraft durchzuführen, wenn eine Gerichtsvollzieherin vollstreckt.
(11) Personen, die gemeinsam mit dem Schuldner die Wohnung bewohnen, haben die Durchsuchung zu dulden, wenn diese gegen den Schuldner zulässig ist. Trotz dieser grundsätzlichen Duldungspflicht hat der Gerichtsvollzieher besondere persönliche Umstände der Mitbewohner, wie zum Beispiel eine offensichtliche oder durch ärztliches Zeugnis nachgewiesene akute Erkrankung oder eine ernsthafte Gefährdung ihrer Gesundheit zur Vermeidung unbilliger Härten zu berücksichtigen und danach in Ausnahmefällen auch die Durchsuchung zu unterlassen.
Es finden sich im Netz lediglich Urteile zur Durchsuchung (oder Betreten) von Wohnungsräumen für Sachverständige im Vorfeld des Verfahrens oder auch für vorläufige Insolvenzverwalter. Diese sind Kraft Gesetz nur zum Betreten von Geschäftsräumen befugt und nicht zur Inbesitznahme und Verwertung des Vermögens. Das ist halt nochmal ein Unterschied. Aber diese Urteile gelten nicht für den regulären oder endgültigen Insolvenzverwalter. Siehe auch:
https://openjur.de/u/192983.htmlEs treten allerdings auch Grenzfälle auf, wenn der Schuldner auch nur teilweise seine selbständige Tätigkeit von zu Hause ausübt (Stichwort Arbeitszimmer) oder wenn der Schuldner möglicherweise Eigentümer einer Wohnung oder Hauses ist. In dem Fall stellen sich dann halt auch Fragen zu Verwertungsmöglichkeiten. Aufgrund des Insolvenzbeschlusses und richterlicher "Ernennung" sehe ich es aber nicht allein darauf beschränkt.
Natürlich kann man versuchen sich dagegen zu wehren, aber mit welcher Begründung ? Ein einfaches mia san mia wird dafür wohl kaum ausreichen. Wenn dann noch weitere Verdachtsmomente hinzukommen, Äußerungen von Gläubigern, dann wird es schnell haarig. Die Rechte des Schuldners im Insolvenzverfahren sind nunmal deutlich beschnitten. Auch wenn einer Postsperre in den seltensten Fällen Gebrauch gemacht wird, zeigt der §99 aber auch allein schon der §80 (Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts) wohin die Reise im Insolvenzverfahren geht. Und natürlich ist dabei zu berücksichtigen, dass der Schuldner in aller Regel den Insolvenzantrag selbst gestellt hat.