BGH IX ZB 16/14 v. 20.11.2014
Der Leitsatz lautet:
Der Insolvenzverwalter hat eine Rückstellung für nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens in der Wohlverhaltensperiode entstehende Verfahrenskosten zu bilden, wenn nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Schuldners die in diesem Verfahrensabschnitt voraussichtlich entstehenden Verfahrenskosten durch die in diesem Verfahrensabschnitt mutmaßlich zu erwartenden Einkünfte nicht gedeckt sind.
Damit löst der BGH eine bisher uneinheitlich behandelte Frage. Es geht dabei um folgende Konstellation. Im lfd. Insolvenzverfahren eines Schuldners wird Insolvenzmasse eingezogen. Die Masse reicht für die Verfahrenskosten (§ 54 InsO, Gerichtskosten, Kosten des IV) aus. Der Rest könnte nun an die Gläubiger verteilt werden. Was ist aber, wenn in der WVP nach Verfahrensaufhebung kein pfändbares Einkommen zu erwarten ist? Der Schuldner kann für die Kosten, die in der WVP anfallen, zwar die Stundung beantragen. Nach Erteilung der RSB fallen sie ihm aber wieder zur Last. Er muss wieder einen Antrag stellen, diesmal auf Verlängerung der Stundung.
In der Vergangenheit hatten daher einige Gerichte und Verwalter nicht die gesamte Masse an die Gläubiger ausgeschüttet sondern einen Teil zur Deckung der Kosten der WVP zurückbehalten. Andere wiederum haben den gesamten Betrag ausgeschüttet, weil nach dem Gesetzeswortlaut die Kosten in der WVP keine Verfahrenskosten nach § 54 InsO sind.
Der BGH hat nun dem Verwalter die Pflicht auferlegt, eine Rückstellung für die voraussichtlichen Kosten der WVP zu bilden, wenn keine weitere Masse in dem Zeitraum zu erwarten ist. Er begründet dies ausführlich mit etlichen Analogien und der Systematik des Verfahrens.
Als betroffener Schuldner sollte man daher darauf achten, dass eine solche Rückstellung gebildet wird. Ob der Verwalter dies vorgesehen hat, könnte sich vielleicht aus dem Schlussbericht ergeben. Den muss der Schuldner daher einsehen. Auch könnte es nicht schaden, den TH darauf hinzuweisen, dass kein pfändbares Einkommen erzielt wird und um Bildung der Rückstellung bitten. Es muss natürlich vorher im lfd. Verfahren ausreichend Masse generiert worden sein.
Die Folge der Rückstellung ist, dass die Verfahrenskosten der WVP gedeckt sind. Daher macht eine Stundung der Kosten für den Zeitraum der WVP keinen Sinn mehr. Die Stundung wird daher aufgehoben. Sollte ein Schuldner einen derartigen Beschluss bekommen, braucht er also nicht gleich in Panik zu verfallen. Er sollte vielmehr prüfen, ob der Grund in der Bildung der Rückstellung liegt, was ja letztlich ein positives Ereignis aus Sicht des Schuldners ist.
Der BGH sieht die Bildung der Rückstellung als Pflicht an. Eine Verletzung dieser Pflicht könnte Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter bedeuten.
Da die angesprochenen Vorschriften nicht geändert wurden, müsste die Entscheidung auch für das neue Recht ab 01.07.2014 gelten.